UND WIEDER MORDEN DIE SUPERREICHEN: „THE PERFECT COUPLE“

Wie beschreibt man den Reichtum der Familie Winbury adäquat? Man könnte das Wort Privatjet wählen. Gästehäuser im Plural. Oder Erbe. Der Partyplaner der Winburys umschreibt es etwas anders: Er spricht von einem „Aus Langeweile einen Affen kaufen“-Reichtum. Und von einem „Jemanden töten und damit davonkommen“-Reichtum. Diese plakativen Umschreibungen fallen ihm übrigens im Verhörraum der Polizei ein. Es bereitet ihm offensichtlich Vergnügen, hier mal ein paar Dinge loszuwerden.

Damit ist er nicht allein. Auch die Haushälterin, die Hände auf der gestärkten Schürze gefaltet, nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Über die Smoothies mit Wodka, die sie dem Hausherren morgens zubereitet. Über die unpassenden Gastgeschenke, die „gewöhnliche“ Menschen mitbringen. Und allerlei anderes. Es sind die stärkeren Momente der Serie „The Perfect Couple“ (auf Deutsch „Ein neuer Sommer“), wenn sie ihre Protagonisten in der Polizeistube aufmarschieren lässt. Der Großteil der Handlung findet allerdings am Wohnsitz der Winburys statt, wo die Handlung mit den Vorbereitungen auf die perfekte Hochzeit einsetzt.

Benji, der Umgänglichste der drei Söhne des Hauses, hat sich die reizende Amelia (Eve Hewson) erwählt, eine junge Biologin, die vom Lebensstil der Winburys nicht so recht überzeugt ist. Und damit ihre Schwiegermutter in spe (ebenso präzise wie kühl als Matriarchin: Nicole Kidman) erzürnt. Nach und nach trudeln die wichtigsten Hochzeitsgäste ein, man feiert schon vor, standesgemäß mit Champagnerpyramiden vor der herrlichen Kulisse der Insel Nantucket an der amerikanischen Atlantikküste. Am nächsten Tag leben nur leider nicht mehr alle.

Wenig Überraschungspotenzial

Eine Leiche am herrschaftlichen Anwesen der Winburys? Das scheint zuerst einmal nur Braut und Polizei wirklich zu beschäftigen. Natürlich brodelt es aber unter der Oberfläche, denn wie wir in den vergangenen Jahren aus vielen Filmen und Serien rund um Superreiche gelernt haben: Sie sind sehr gut darin, ihre schmutzigen Geheimnisse unter den Perserteppich zu kehren – und dabei eine sorgenfaltenfreie Stirn zu behalten. Viele Erzählungen diesen Inhalts kennt man, von „White Lotus“ über „Succession“ bis zu „Big Little Lies“ und „Triangle of Sadness“. Zuletzt kam noch der österreichische Film „Veni Vidi Vici“ dazu, in dem ein Superreicher Menschen aus Spaß abknallt.

Besonders viel Überraschungspotenzial bietet das Genre nicht mehr, vielleicht bringt man deshalb bei „The Perfect Couple“ wenig Interesse dafür auf, wer unter den Bösen nun eigentlich oberböse ist. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Figuren (allzu) unglaubwürdig agieren. Nicole Kidman ist als Greer Winbury die personifizierte Perfektion: Sie verdient das große Geld, ist intelligent, kultiviert, natürlich wunderschön (und sieht übrigens rund 20 Jahre jünger aus, als sie ist). Dass sie mit einem Mann verheiratet ist, der keine einzige gute Eigenschaft hat außer „fuckable“ zu sein: geschenkt. Aber dass auch noch reihenweise andere Frauen diesem Taugenichts mit den kleinen, stechenden Augen verfallen, ist doch eher seltsam. Viele Fragezeichen tun sich auch bei anderen Figuren auf: Der Trauzeuge ist extrem unscharf gezeichnet, das Mordopfer bleibt vor allem durch ihre Outfits in Erinnerung (irgendwas zwischen Kleid und Badeanzug). Der schwarze Polizeichef und seine Tochter sind auch eher Staffage.

Bleibt ein Unterhaltungswert, der sich vor allem aus Hochglanzbildern speist. Und aus der kühlen, beherrschten Präsenz von Nicole Kidman. Unterstützt wird sie übrigens von einer nicht minder präzise spielenden Dakota Fanning. Hätten sie doch ein besseres Drehbuch gehabt.

Die Miniserie „The Perfect Couple“ (sechs rund einstündige Folgen) läuft auf Netflix.

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